Steffi muss im Krankenhaus in Nakhon Sawan behandelt werden.
Die Schmerzen in Steffis Wade sind unverändert stark, so dass Laufen weiterhin fast unmöglich ist. Weil eine Besserung nicht abzusehen ist und aus den geplanten zwei Nächten bei Harry bereits vier geworden sind, die Tochter schon zwei Nächte im „Wohnzimmer“ schlafen muss, weil Barny ja auch noch da ist, ziehen wir es vor in das 80 km entfernte Nakhon Sawan umzuziehen.
Da es uns am einfachsten erscheint fragen wir, ob uns jemand mit dem Pick Up des Nachbarn hinfahren kann. So brechen wir gegen 13 Uhr mit dem Sohn des Nachbarn und seiner Frau nach Nakhon Sawan auf.
Wir haben lange überlegt, denn die Fahrt hierher wirft uns um eine gute Tagesetappe wieder zurück (80 km), aber im nächst großen in Fahrtrichtung gelegenen Ort (Kamphaeng Phet) wäre die medizinische Versorgung lange nicht so gut gewesen wie hier. Unser ungeplanter und länger als gewollter Zwischenstopp bei Harry und Boom in Pang Si Lathon, einer handvoll Häuser, die um ein Krankenhaus stehen, war trotz unserer körperlichen Gebrechen sehr schön.
Auch, wenn wir wahrscheinlich als die „Farang kinok bai Chiang Mai djagkrayaan“ (bescheuerter Westler fährt mit dem Fahrrad nach Chiang Mai) in die Dorfgeschichte eingehen.
Hier trafen wir auf viele interessante Leute, wie zum Beispiel den No-Speak-Man, einen von Harrys Baugehilfen, der von Geburt an Taubstumm ist, dafür aber sehr gesprächig. Er hat nach Einbruch der Dunkelheit mit mystischem Gemurmel und Pusten versucht, Steffis Bein zu behandeln. Papa, den inoffiziellen Dorfvorsteher, der jeden Tag vorbeikam, um sich nach unserem Befinden zu erkundigen und über dessen Pick Up wir hin und wieder verfügen konnten. Boom, die in ihrer kleinen Küche in kürzester Zeit die leckersten Gerichte für uns zauberte. Die Loud-Speak-Lady, die uns immer daran erinnerte, dass wir nicht alleine sind und, und, und….
Nakhon Sawan
ein richtiges Krankenhaus
Massagen haben nichts gebracht, Tabletten und Salben aus dem „Kinderkrankenhaus“ haben nichts gebracht, Woodoozauber vom No-Speak-Man hat nicht geholfen, Ruhigstellen nicht, Kühlen hilft nicht, unsere eigene Salbe (Voltaren) bringt keine Linderung. Steffis Wade schmerzt seit nunmehr fünf Tagen unverändert stark. Allerdings ist nichts geschwollen, nichts rot, grün oder blau, nichts krumm und eine mechanische Einwirkung von außen (zum Beispiel Umknicken) gab es nicht. Eine Überlastung vom Fahrradfahren können wir uns auch nicht vorstellen, da wir nach unserer Pause in Lat Yao nur eine gemütliche (63 km) ebene Strecke zu Harry gefahren sind.
Deshalb wollen wir heute als erstes in ein richtiges Krankenhaus. Unser Hotelmanager organisiert für uns eine Fahrradrikscha. Auch hier haben wir wieder Glück, denn das Krankenhaus ist nur einen Steinwurf von unserem Hotel entfernt.
Als man uns heran humpeln sieht, stürmen drei Angestellte mit einem Rollstuhl herbei und Steffi wird direkt ins Behandlungszimmer gerollt, während Olaf sich um die Formalitäten kümmert.
Hier wird nicht albern gekichert und es gibt keine laute Radiomusik. Der Arzt ist eindeutig als solcher zu erkennen und sein höheres Alter wirkt beruhigend. Er spricht ein sehr gutes Englisch und setzt sich eingehend mit den Beschwerden auseinander.
Ein Blutbild wird gemacht und zwei Röntgenaufnahmen der Wade. Schon nach kurzer Zeit stellt der Arzt seine Diagnose. Seiner Meinung nach ist der Wadenmuskel entzündet und er verordnet Tabletten, Salbe und eine Physiotherapie. Sein Angebot, drei Tage in der Klinik zu verbringen, lehnen wir ab.
Der Service geht so weit, dass wir mit dem Krankenwagen zum Hotel zurückgebracht werden. Termine für die Therapie bekommen wir nicht, wir können selbst entscheiden, wann wir kommen wollen.
Den Rest des Tages stellen wir gemeinsam Steffis Bein ruhig, essen, gehen ins Internetcafe (sind angenehm überrascht, denn unsere Seite wurde aktualisiert) und hängen ab (wir haben englisches Fernsehen).
Nakhon Sawan
Physiotherapie
Zwei Mal am Tag geht Steffi ins Krankenhaus zur Physiotherapie, die aus Massagen und Wärmebehandlungen besteht. Die Zeit dazwischen schonen wir gemeinsam Steffis Bein. Den Gang ins Internetcafe haben wir auf Grund des Fernsehprogramms auf Morgen verschoben.
Nakhon Sawan
Mindestens drei Wochen!
Heute waren wir erneut im Krankenhaus und haben uns noch einmal mit dem Arzt unterhalten. Seit nunmehr einer Woche schmerzt Steffis Wade und auch die drei Tage Physiotherapie im Krankenhaus und die Tabletten haben daran bisher wenig geändert. Die Schmerzen sind zwar etwas zurückgegangen, aber Laufen und Stehen fällt noch immer sehr schwer.
Der Arzt führt die Schmerzen auf eine Überbelastung der Wadenmuskulatur zurück, die wohl durch das Radfahren entstanden ist, denn andere mögliche auslösende Faktoren hat es nicht gegeben. Wir können uns dies zwar nicht vorstellen, denn wir sind, seit wir hier sind, gar nicht viel gefahren (1000 km in ca. 7 Wochen mit vielen Pausen). Aber wir haben auch keine andere Erklärung.
Und so lautet seine genaue Diagnose:
Severe muscle strain left calfe!
Und er macht uns auch keine großen Hoffnungen und verordnet mindestens drei Wochen Ruhe für das Bein. Und auch danach rät er erst mal von allzu großen Anstrengungen ab. Auch ein Verstechungsbesuch unsererseits ändert an seiner Diagnose nichts: Mindestens drei Wochen!
(Da sind sie wieder, unsere drei Probleme)
Falls also jemand einen guten Tipp hat oder mütterliche Ratschläge verteilen will, sind diese jederzeit willkommen. Auch über Sachspenden wie Rollstühle, Gehhilfen etc. würden wir uns freuen. Und auch Geldspenden nicht abgewiesen.
Nachdem wir unser Mittagessen und den Schock vom Vormittag verdaut haben, fahren wir ins Internetcafe, um hier noch ein wenig tätig zu werden. Leider hat es nicht geklappt, unsere Fotos zu verschicken, da das Internetcafe über kein Kartenlesegerät verfügt. Zwar hat uns der Inhaber angeboten, unsere Fotos über seine Kamera herunter zu laden, aber heute ist er nicht da
-Wir arbeiten daran.
Nakhon Sawan
Ab in den Sueden
So langsam realisieren wir, dass wir hier erst mal festsitzen und unser Etappenziel Chiang Mai wohl dieses Jahr nicht erreichen können.
Da wir sowieso zu Weihnachten auf Ko Phayam (nicht Ko Phangan) sein wollten, um dort die Feiertage und Sylvester am Meer zu verbringen, wollen wir versuchen, schon eher dorthin zu kommen. Aber wie?
Da Steffi nicht Rad fahren kann, stellen die Räder und unser Gepäck ein Problem dar. Also werden wir versuchen hier einen sicheren Platz für unsere Räder und unser Gepäck zu finden, um dann selbst mit leichtem Gepäck verfrüht in die Ferien zu starten.
Nakhon Sawan
von Nakhon Sawan nach Pang Si Lathon
Unsere Räder und unser Gepäck wollen wir versuchen bei Harry unterzubringen. Der weiß allerdings noch nichts von seinem Glück, da wir ihn telefonisch noch nicht erreichen konnten. Von Harry dann weiter nach Bangkok (alle Wege führen über Bangkok) ist kein Problem, da wir den Bus vor seiner Haustür anhalten können und wir nur mit leichtem Gepäck und ohne Räder sind. Schon schwieriger wird es, von Nakhon Sawan nach Pang Si Lathon zu gelangen, da es keine direkte Busverbindung gibt und wir auch nicht wissen, ob wir im Bus unser ganzes Gepäck und unsere Räder mitbekommen.
So fahren wir mit dem Fahrrad zur Busstation und versuchen uns schlau zu fragen. Nach anfänglichen Verständigungsschwierigkeiten an sämtlichen Schaltern (die haben immer gedacht, wir wollen mit dem MotorBIKEtaxi fahren) findet sich dann doch jemand, der richtiges Englisch spricht. Aus dem einen werden fünf, die zwar unterschiedliche Routenvorschläge machen, sich aber einig sind, dass Fahrräder und Gepäck kein Problem darstellen.
Nakhon Sawan
eine recht gemütliche Stadt
Ursprünglich wollten wir uns heute auf den Weg machen.
Das haben wir dann aber verworfen.
Hier ist es ruhiger als in Bangkok, wir haben eine Badewanne, heißes Wasser, TV und ein günstiges Internetcafe in der Nähe, wo wir auch den Großteil des heutigen Tages verbringen und versuchen Infos und eventuelle Leidensgenossen in Sachen Wadenschmerzen zu finden.
Probleme vom Knie abwärts sind demnach eher bei Läufern anzutreffen, oft empfiehlt man denen dann um fit zu werden bzw. zu bleiben: Fahrradfahren. Die letzten Tage hat sich herausgestellt, dass Fahrradfahren weniger schmerzt als Laufen und man so natürlich auch schneller vorankommt.
So gondeln wir noch ein bisschen durch die Stadt und über den Markt. Nakhon Sawan ist im Großen und Ganzen eine recht gemütliche Stadt fast ohne Tourismus, in der es einem an fast nichts fehlt. Aufgrund der mangelnden Touristen ist allerdings die Auswahl an Hotels und Gästehauss begrenzt.
Es gibt einen schönen Markt und abends einen großen Nachtmarkt entlang des Flusses. Auch Freunde von westlichen Lebensmitteln kommen auf ihre Kosten und alles was an Fastfood Ketten Rang und Namen hat ist hier vertreten.
Mitten in der Stadt gibt es einen großen See, umgeben von einem Park.
Wir wollen dass mit dem Fahrradfahren heute nicht übertreiben und auch das Fernsehprogramm sitzt uns im Nacken.
Bei Star Movies gibt es rund um die Uhr alte und neue, meist amerikanische Spielfilme ohne Werbeunterbrechung in englischer Sprache. Um 18 Uhr läuft heute „Der Club der toten Dichter“. Außerdem müssen wir noch Sachen packen.
nach Pang Si Lathon
70 km mit dem Bus und 20 km mit dem Rad nach Bangkok
300 km mit dem Bus
Relativ zeitig beladen wir vor dem komplett versammelten staunenden Hotelpersonal unsere Fahrräder und machen uns auf den Weg zum Busbahnhof.
Hier angekommen bleiben wir nicht lange allein. Schon nach kurzer Zeit haben wir 4-6 Helfer, die uns die Arbeit des Erkundigungeneinholens am Fahrkartenschalter abnehmen und uns zur richtigen Haltestelle bringen. Genauso schnell wie alle da waren, sind sie auch wieder weg. Doch als ein Bus vorfährt sind sie alle wieder da und es wird aufgeregt mit dem Busfahrer diskutiert und durcheinander gelaufen. Viele helfende Hände sind da, um unser ganzes Gepäck im Bus zu verstauen. Irgendjemand drückt uns einen Zettel mit dem Fahrpreis darauf in die Hand, nur Geld will keiner haben (kassiert wird später während der Fahrt). Zwei unserer helfenden Hände gehören einem No-Speak-Man (taubstumm), der sich, wie der Erste, auch als sehr gesprächig erweist und mit Händen und Füßen müssen wir ihm während der Fahrt die Funktion unseres Tachos und der Kettenschaltung erklären. Er ist begeistert. Auch als unsere Fahrt in Lat Yao am Busterminal vorerst endet, lassen Helfer nicht lange auf sich warten. Schnell haben wir (die) alles auf ein Songthaew umgeladen.
Nach Pang Si Lathon gibt es keine direkte Verbindung und der Fahrer erklärt uns, dass er nur ca. 45 km in unsere Richtung fährt. Aber egal…
Froh über die Fahrt im offenen Wagen geht es los. Unterwegs vor einem Fahrradladen steigt noch ein Chinese mit seinem neuen Fahrrad zu und stellt es neben unsere. Während der Fahrt inspiziert er unsere Räder und zieht Vergleiche. Schnell wird dem ehemals stolzen Fahrradbesitzer klar, dass er gerade Schrott gekauft hat…
Auch an der Endhaltestelle des Songthaews müssen wir unsere Räder nicht alleine abladen.
Nach dem Mittagessen müssen wir die letzten 20 km aus eigener Kraft zurücklegen und Steffi macht auch hier die Erfahrung, dass Fahrradfahren besser geht als laufen. Bei Harry und Boom angekommen (ob die sich gefreut haben oder nicht, wissen wir nicht) sind schnell kalte Getränke serviert und wir legen unsere Krankengeschichte offen.
Mit dem Deponieren unseres Gepäcks und der Räder gibt es keine Probleme und bis der nächste Bus nach Bangkok vorbeifährt, bleibt noch genug Zeit unser Gepäck umzupacken und mit den beiden ein wenig zu plaudern. Völlig unspektakulär geht unsere Fahrt von hier in einem angenehm klimatisierten Bus weiter und nach ungefähr 5,5 Stunden erreichen wir Bangkok.
Kaum hier angekommen erwehren wir uns der aufdringlichen Taxi- und Tuk Tuk Fahrer und fragen uns zur richtigen Buslinie durch. Anders als bei unseren letzten Bangkok Aufenthalten, wollen wir dieses Mal nicht wieder in der Umgebung der Khao San Road (irgendwie ist es wie im Zoo hier) wohnen, sondern in der Sukhumvit. Doch nachdem wir zwei Stunden völlig entspannt und dennoch vergeblich auf den richtigen Bus gewartet haben, disponieren wir um und landen letztendlich nach langer Reise um 2 Uhr morgens in unserem altbekannten Hotel.