Dies ist der vierte Teil unserer Radreise von Istanbul nach Bremen. In 2 Monaten radeln wir durch die Türkei, Bulgarien, Rumänien, Ungarn, die Slowakei und durch Tschechien.
Im 4. Teil unserer Radreise von Istanbul nach Bremen radeln wir durch Ungarn. Wir kommen gerade aus der Rumänien und weiter geht es in die Slowakai.
Radreise Ungarn
[dropcap]A[/dropcap]ls wir in den Grenzort Gyula rollen, müssen wir erst mal tief Luft holen. Eine andere Welt tut sich auf und wir scheinen wieder in der Zivilisation gelandet zu sein. Kein Federvieh am Fahrbahnrand, keine Schafe auf der Bahn, keine metergroßen Schlaglöcher, keine Pferdefuhrwerke und kein Müll der durch die Straßen weht. Dafür jede Menge Verkehr und es gibt Straßenlaternen, Fahrradwege, Schilder… Kulturschock?
Mit letzter Kraft erreichen wir den gut ausgeschilderten Campingplatz. Auch an die Preise müssen wir uns wohl erst mal gewöhnen. Die Zivilisation scheint nicht ganz billig zu sein. Und so zahlen wir für zwei Personen mit Zelt 10 Euro (zum Vergleich: 1 Euro 50 in Rumänien).
Radreise Ungar: Gyula – Parkscheinautomaten und Fahrradständer
In der Nacht setzt der Regen wieder ein und hält 16 Stunden lang an.
Wir schauen uns den Ort an. Ein Thermometer zeigt 6 Grad.
Irgendwie ist das ganz komisch hier. Es gibt hier ganz viele Dinge, die wir ewig nicht gesehen haben. So ist ein Parkscheinautomat die Attraktion des Tages und so ein großer Fahrradständer auch eine tolle Sache.
Von einem öffentlichen Infoterminal können wir einige Webkamerafotos verschicken und genießen die Tatsache, dass wir von den Einheimischen äußerlich nicht mehr zu unterscheiden sind.
Am Nachmittag hört der Regen auf und man kann sogar erahnen, wo die Sonne steht. Nachdem wir den Campingplatz bisher für uns alleine hatten, tauchen heute noch ein paar ostdeutsche Campingfreunde mit dem Wohnmobil auf und wir haben die Möglichkeit eines Schwätzchens in unserer Muttersprache. Mal so von Camper zu Camper.
Radreise Ungarn: Endlich Frühling – 98 km bis Szentes
Später Start.
Wir halten uns im Schnack auf. Man hat sich im beheizten Wohnmobil so seine Gedanken über uns gemacht. Jetzt wollen sie alles ganz genau wissen.
Wie viele Töpfe wir haben, ob wir ein großes Paket Taschentücher mit rumschleppen und wie viel unser Gepäck wohl wiegt. Man hat uns bereits in Schubladen gesteckt: Studenten sind wir, die noch bei den Eltern wohnen.
Den Rest des Tages bringen wir mit Radfahren ganz gut rum. Radelt sich heute ganz gut. Vom gestrigen Regen keine Spur, blauer Himmel und bestes Frühlingswetter verwöhnen uns. Die Natur scheint schon viel weiter als jenseits der Kaparten zu sein. Viele Bäume sind bereits grün und auf den Wiesen blühen Blumen.
Da die Hauptstraßen sehr stark befahren sind, suchen wir uns auf unserer Karte die Nebenstraßen heraus, stehen schließlich auf einem schlammigen Feldweg, auf dem wir 16 km lang Spaß haben. Auf der Karte ist so etwas mit dem dehnbaren Begriff „sonstiger Fahrweg“ bezeichnet.
Als die Sonne sich schon dem Horizont neigt, macht Steffis Rad komische Sachen. Als wir dies untersuchen, entdecken wir eine beunruhigende Beule im Mantel des Hinterrades. Der jetzt also auch? Die Ursachenforschung verschieben wir auf Morgen.
Radreise Ungarn: Szentes – Tod nach 200 Tagen
Ursprünglich wollten wir nur eine Nacht auf dem Campingplatz in Szentes bleiben. Doch die Beule im Mantel ist beunruhigend und so besorgen wir im Fahrradgeschäft Ersatz.
Hier hat dann unser zweiter super-toller super-teurer SCHWALBE MARATHON XR sein Leben ausgehaucht. 200 Tage alt wurde er, keine 5000 km hat er gehalten. Wir haben ihn nie berührt oder dran rumgefummelt, hatten auch keinen Plattfuß. Jetzt ist an der Innenseite des Reifens das spezielle spezial Kevlargewebe aufgeplatzt und aufgerissen. Einfach so. Nach dem Wechsel machen wir uns den Spaß und testen, ob er wirklich messerstichfest ist. Mit einem kleinen Schraubenziehen fällt es wirklich sehr schwer, die Lauffläche zu durchstechen.
Als wir am Abend unsere Zeche auf dem Campingplatz zu zahlen gedenken, weht uns ein Hauch der ungarischen Gastfreundschaft direkt ins Gesicht.
Wir sind eingeladen und zahlen keinen Forinth. Weil wir die ersten Gäste des Jahres sind, sagt man. Danke schön.
Radreise Ungarn: Luxus ausserhalb des Waldes – 52 km bis Lakitelek
Da wir heute weiter wollen, ist es ja klar, dass es zu regnen anfängt. Die exzentrischen Österreicher aus dem Wohnmobil von nebenan (sind außer uns die einzigen Camper auf dem ganzen Platz) machen uns Mut. Nachmittags soll es besser werden, sagt der Wetterbericht. Also sitzen wir die Sache im Zelt aus und siehe da, gegen Mittag wird der Regen von unserem Freunde, dem Nordwester abgelöst.
Gegen eins brechen wir auf. Wegen der unklaren Wetterlage ändern wir unsere Route ein wenig, so dass wir an drei Campingplätzen (lt. Karte) vorbeikommen. Von den drei Plätzen haben drei geschlossen.
Wir wollen gerade vor dem letzten unser Zelt aufschlagen, da entdecken wir das Minihinweisschild „Camping“ vor einer alten Villa und können so pünktlich mit dem wiedereinsetzenden Regen im wunderschönen Obstgarten einer deutschsprechenden Frau unser Heim errichten. Hier gibt es zwar all den Luxus den der Wald nicht hat, aber leider hat das auch seinen Preis…
Radreise Ungarn: Zelten im Obstgarten – 96 km bis Apaj
Der Tag beginnt verheißungsvoll mit blauem Himmel und unsere Gastgeberin prophezeit für heute 25 Grad und für morgen sogar 30! Wir sind gespannt… und siehe da, wir können den ganzen Tag im T-Shirt fahren.
So geht es die ersten Kilometer an einer vielbefahrenen Hauptstraße entlang. Noch nie haben wir so vielen Auto- und besonders LKW-Fahrern soviel schlechtes an den Hals gewünscht.
In Kecskemet drehen wir eine Runde durch die Stadt, frühstücken vor dem Supermarkt und sind anschließend froh, bald wieder über Nebenstraßen durch die schöne Landschaft fahren zu können. Es gibt hier viele tolle Zeltwiesen und Wälder, doch zur Zeltplatzsuchzeit stehen wir mitten im Donautal, umgeben von endlosen Wiesen und Feldern. Und dann ist es auch noch ein Naturschutzgebiet, wo das Zelten ganz besonders doll verboten ist…
Kurz vor Apaj werden wir schließlich im Obstgarten eines verlassenen Bauernhauses fündig und haben zum krönenden Abschluss dieses wunderschönen Tages noch einen herrlichen Sonnenuntergang.
Radreise Ungarn: Die zweite Donauüberquerung – 76 km bis Csakvar
Wie versprochen ist das Wetter heute noch besser als gestern und man kann beim Fahren endlich mal wieder schwitzen. Gegen Mittag steht unsere zweite Donauüberquerung an.
Dieses Mal bringt uns eine Fähre an das andere Ufer. Doch im Gegensatz zum anderen Ufer, wo man morgens schon sehen kann, wer mittags zum Essen kommt, ist es hier deutlich hügeliger.
Radreise Ungarn: Jeder gegen jeden – 83 km bis Gyoer
Das schöne Wetter setzt sich fort, allerdings beginnen ab mittags Wolken aufzuziehen. Komischerweise fahren wir heute ganz viel bergab und wissen gar nicht so recht, wann und wo wir soviel hochgefahren sind.
Mittags kämpfen wir uns durch einen gut besuchten Supermarkt, wo die Leute die letzten Panikkäufe tätigen.
Es herrscht Krieg, jeder gegen jeden… die Regale sind schon fast leer und die guten Sachen alle weg und nur mit viel Glück können wir für unser Festessen am 1. Mai noch 3 Kilo Kartoffeln ergattern.