Wir erleben die ausgelassenen Festlichkeiten zum Geburtstag des Königs Bumipol in Bangkok.
Bangkok
die Freakshow
Etwas verschlafen realisieren wir morgens um elf bei unserem Frühstück vor Seven Eleven, dass die Bangkoker Khao San Road uns wieder hat und überlegen, ob wir uns erst Zöpfe flechten lassen oder uns besser um ein anderes Hotel kümmern, letztendlich gehen wir einen Kompromiss ein und verschwinden wieder im Bett.
Erst gegen Nachmittag wagen wir es, um die Ecke zu gucken, gehen etwas essen und verschanzen uns in einem etwas abseits gelegenen Biergarten und genießen die Freakshow. Schön wieder einmal zu sehen, wie normal wir eigentlich sind in diesem Viertel, wo Mütter in Restaurants ihre Kinder säugen, Männer auf der Straße oben ohne tragen und viele aussehen als kämen sie gerade vom Strand oder direkt aus dem Meer.
Doch vereinzelt trifft man auch hier auf vernünftige Leute. So stoßen wir in einer Nebenstraße, angelockt durch feinsten Psy-Trance, auf einen Thai mit roten Augen und einem VooV T-Shirt, der auf seinem Klapptisch versucht CDs an den Mann/die Frau zu bringen. Auch ein Oktober Mushroom liegt hier (leider nur zur Ansicht). Selbstverständlich nutzen wir diese einmalige Gelegenheit und nehmen uns eine halbe Stunde Zeit zum Lesen. Beruhigend zu erfahren, dass wir nichts verpassen, aber was war mit der Pary im Bremer Schlachthof (… Harold … Jens)???
Auf dem Heimweg machen wir uns auf die Suche nach geeigneter Lektüre, die uns die harten fünf Wochen am Strand eventuell erträglich machen kann. Doch müssen wir feststellen, dass selbst gebrauchte, alte, abgegriffene Bücher für thailändische und auch für deutsche Verhältnisse verdammt teuer sind.
Als wir auf dem Weg in unser Hotel den Radjadamneon Klang überqueren, lassen die vielen, mit Lichterketten geschmückten Bäume das nächste bevorstehende Großereignis in der Stadt erkennen. Am 5. Dezember wird seine Majestät König Bhumipol Adulyadey, Rama IX 75 Jahre alt. Wir machen uns Gedanken, ob wir vielleicht noch so lange in Bangkok bleiben, um uns unauffällig unter die Partygäste zu mischen.
Bangkok
Weekendmarket
Dieser Tag beginnt wie jeder Tag in Bangkok bei Seven Eleven – Kaffee und Überraschungskuchen kaufen und frühstücken auf „unserer“ Bank direkt am Radjadamneon Klang (6 spurige Hauptstraße).
Den Verkehrslärm hört man nach 5 Minuten gar nicht mehr.
Im Anschluss machen wir uns mit dem Bus auf den Weg zum Weekendmarket.
Schon die Anfahrt zum Markt war sehr spannend, denn wir konnten aus erster Reihe miterleben, wie unser Busfahrer mit einem anderen Bus ein Rennen durch die Stadt fuhr, so dass wohl einige potentielle Fahrgäste an den Haltestellen auf den nächsten Bus warten mussten. Dadurch waren wir um so eher am Ziel. Einen klaren Sieger konnten wir auch nicht ausmachen, weil sich unsere Wege trennten als wir rechts und der andere Bus links abgebogen sind.
Wer ein Shoppingfreund ist, kann auf dem Weekendmarket tagelang durch die Gassen bummeln.
Auf jeden Fall ein Erlebnis, das man sich nicht entgehen lassen sollte. Erschöpft machen wir uns nach sechs Stunden wieder auf den Heimweg.
-Die Spannung steigt!
Bangkok
I can’t stop them
Zuerst gehen wir heute morgen ins Internetcafe, um Reiseberichte zu tippen und unsere Fotos zu Kuwe zu schicken. Notgedrungener Weise mussten wir bis Bangkok darauf warten, da es auf dem Land mit der Technik nicht so weit her ist. Hier aber auch nicht, wie wir feststellen mussten. Im Internetcafe verfügt man über ein Kartenlesegerät und DSL, aber als wir unsere Fotos hochladen, kommt der gesamte Datentransfer auf allen anderen Rechnern fast zum erliegen und wir machen uns wahrlich keine Freunde.
Reihenweise verlassen die anderen User das Cafe und der Besitzer entschuldigt sich bei jedem mit den Worten: „Sorry, they are uploading photos and I can’t stop them.“
Eigentlich meint er aber uns und will wohl sagen: „Please, stop now!“
Wir bleiben penetrant hartnäckig und sind ganz egoistisch, benötigen aber trotz DSL-Verbindung drei Stunden für 30 MB.
Als wir das mittlerweile leere Internetcafe endlich verlassen, hören wir einen erleichterten Seufzer und ein Lächeln geht über das Gesicht des Besitzers.
Jetzt bleibt nur zu hoffen, dass die Fotos auch gut bei QW angekommen sind. Der Rest des Tages ist frei. Wir decken uns mit einer neuen Flasche Moskitospray ein und schlemmen umher, sitzen nutzlos herum und betrachten die Freakshow, von der Olaf gar nicht genug bekommen kann – jetzt so einen kleinen Wilkens dabei haben zum kollektiven kritisieren der anwesenden Individuen.
Bangkok
LONG LIVES THE KING
Auf dem Rückweg zum Bus dann doch noch ein kleines Highlight: Wir entdecken ein Internetcafe, wo man die Stunde zum halben Preis wie in der Khao San kaufen kann. Wir bleiben dort hängen, schreiben viele E-Mails und versuchen, unsere Seite einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen, indem wir sie bei mehreren Linksammlungen und Suchmaschinen anmelden.
Als wir uns im Dunkeln dann endlich auf den Weg zum Bus machen, wird uns erst das ganze Ausmaß des bevorstehenden Königsgeburtstages klar: Vor jedem mehr oder weniger großen Gebäude in der Stadt hat man große, größere und riesige Portraits des Königs aufgestellt, die jetzt in der Dunkelheit im gleißenden Licht riesiger Lichterketten um die Wette strahlen. Man versucht, sich gegenseitig zu übertreffen, was Größe und Schönheit betrifft. So werden ganze Häuser von oben bis unten mit Lichtern geschmückt und es strahlt in riesigen Leuchtbuchstaben: LONG LIVES THE KING von den Dächern.
Und als wir mit dem Bus in den Radjadamneon Klang einbiegen, fahren wir durch ein wahres Lichtermeer. Man kann sich das vielleicht so vorstellen, als wären an der A1 zwischen Arsten und Bremer Kreuz alle Bäume links und rechts komplett mit Lichterketten verhängt und die Gebäude, angenommen es gäbe welche, wären auch mit einer Unzahl von Lichtern und Königsportraits dekoriert. Und selbst das automatische Verkehrsleitsystem würde in güldenen Lettern strahlen: LONG LIVES THE KING. Einziger Unterschied: die A1 ist nur 3/6 spurig, der Radjadamneon Klang hingegen 6/12 spurig und der Mittelstreifen, mittlerweile komplett in gelb bepflanzt und mit riesen Bildern dekoriert, ist ungefähr vier Mal so breit wie auf der A1. Eigentlich kann man das schwer beschreiben, man muss es selbst gesehen haben, es ist einfach beeindruckend.
Bangkok
ein riesiges Straßenfest
Über die ersten zwei Drittel des Tages gibt es nicht viel zu erzählen. Erst gegen Abend wird es interessant. Nachdem die Dekorationsarbeiten (die Bangkok Post berichtet von 200.000 aufgehangenen Lampen, was wir für sehr untertrieben halten, wir haben hochgerechnet: Lampen pro Baum, Bäume pro hundert Meter, den Rest geschätzt und kommen auf mindestens 20 Mal so viel) am Radjadamneon Klang nun endlich abgeschlossen zu sein scheinen, kommt gegen Abend Leben in das Ganze. Der ganze Radjadamneon Klang ist ein riesiges Straßenfest. Auf den Bürgersteigen machen sich Essenstände und Getränkeverkäufer breit und dazwischen kann man so ziemlich alles kaufen, was man sich vorstellen kann. Fast alle hundert Meter spielen kleine Straßenbands. Unauffällig mischen wir uns unter das Volk und werden von den Menschenmassen mitgerissen in Richtung Wat Phra Kaeo. Auf dem Sanam Luang (großer Platz neben dem Wat) findet das Fest seinen Höhepunkt, und es scheint schon heute fast ganz Bangkok versammelt zu sein. Auf mehreren riesigen Bühnen gibt es Livemusik, Theater- und Tanzvorführungen.
Da der eigentliche Geburtstag des Königs ja erst morgen ist, sind wir gespannt darauf, was dann noch passiert. Leider haben wir diesbezüglich weder im Reiseführer, im Internet noch in den englischsprachigen Tageszeitungen etwas darüber herausfinden können, und wenn man Einheimische fragt, legen die einem nur den morgendlichen Boxkampf im Lumpinistadium nahe.
Bangkok
75. Geburtstag von Bhumipol Adulyadej
Schon spät am Morgen um neun, als wir gerade beim Frühstück sitzen, wird der Radjadamneon Klang gesperrt und eine endlos lange Parade fahnengeschmückter Tuk Tuks knattert vorüber.
Wenig später – wir sitzen gerade bei der Lektüre der Bangkok Post -werden wir durch eine unheimliche Stille aufgeschreck t. Alle Fahrzeuge sind urplötzlich von der Straße verschwunden. Kein Stau, kein Krach, kein Gestank. Wir genießen die Ruhe, bis ein gelbes Auto, begleitet von einigen Motorrädern, vorbeifährt. Kurz danach bricht das Chaos wieder los – war das der König?
Nachmittags suchen wir die Umgebung nach einem Internetcafe mit Kartenlesegerät ab. Wir haben irgendwie das Gefühl, in dem vom letzten Mal mit unseren Fotos nicht erwünscht zu sein, und wollen dort nicht auch noch die letzten Kunden vergraulen. Wir werden fündig: Internetcafe, Kartenlesegerät, wir senden Fotos, nichts bricht zusammen, keiner beschwert sich, alles super…
Abends machen wir uns dann auf den Weg zur Geburtstagsparty und mit uns strömen die Massen zum Sanam Luang. Nachdem wir uns hier einige Zeit durch die Menschenmassen gekämpft haben, finden wir einen Platz in bester Lage: An der Längsseite des Platzes, relativ weit vorne, etwas erhöht auf einem Podest. Von hier haben wir einen prima Überblick. Zuerst ist ein Großteil des Platzes vor der Haupttribüne noch abgesperrt und menschenleer, nur ein paar Hunde toben herum.
Zum ständigen, uns leider unverständlichen Gequatsche zweier Moderatoren auf der Haupttribüne marschieren – mit relativ leiser Blasmusik, die im Redeschwall, der von der Hauptbühne herüber dringt, leider untergeht – verschiedene Gruppen jeweils gleich gekleideter Menschen ein. Einige tragen Uniformen, andere Sporttrikots, und ein Rudel Krankenschwestern war auch dabei. Vorweg tragen zwei Leute ein Transparent, leider in Thaischrift. Da die einmarschierenden Gruppen den freien Platz direkt vor der Bühne beziehen, versperren die Transparente leider den meisten anderen Gästen die Sicht nach vorne.
Anschließend scheint vorne auf der Bühne viel zu passieren, aber aufgrund der Transparente können wir nichts sehen und aufgrund der Sprache nichts verstehen – Schade.
Erschwerend kommt hinzu, dass man wohl technische Probleme mit dem Ton hat und einige Reden fast ganz untergehen. Als wohl alle Redner durch sind, stehen alle Leute auf zum Singen. Nach einer weiteren Rede von irgendwem, hat der Premierminister (stand in der Bangkok Post) für den König eine Kerze angezündet. Worauf so ziemlich alle Anwesenden auf dem Platz die zuvor an jeden verteilten Kerzen anzündeten, wir auch. Und so ergibt sich von unserem erhöhten Sitzplatz, nachdem fast alle anderen Lichter auf dem Platz gelöscht wurden, ein überwältigender Anblick auf ein Meer aus Kerzen. Wieder wird ein Lied angestimmt und 100.000e singen mit.
Im Anschluss, wir haben uns schon gefragt, warum man einen kleinen Platz in der Mitte menschenleer gelassen hat, bricht in unserer unmittelbaren Nähe (30m) die Hölle los und ein Feuerwerk erhellt die Nacht. So nahe, dass wir die Köpfe einziehen und uns die Ohren zuhalten. Nach diesem „kleinen“ Feuerwerk, gibt es noch ein richtiges Höhenfeuerwerk in einiger Entfernung, das mit Musikuntermalung noch schöner gewesen wäre und leider auch etwas untergeht, weil viele schon wieder den Platz verlassen. Unser erster königlicher Geburtstag war, auch wenn wir nicht viel vom Ablauf und den Reden verstanden haben, ein einmaliges Erlebnis.
Trotz der riesigen Menschenmassen ging alles sehr diszipliniert über die Bühne, zumindest der offizielle Teil (was danach noch passiert ist, wissen wir nicht). Es wurde kaum gedrängelt und geschubst, wir sahen keine Schnapsleichen (im Gegenteil, es gab wenig Alkohol) und die Reden wurden nicht durch „Ausziehen“-Zwischenrufe gestört.
Nach dem Feuerwerk geht die Show auf den anderen vier Bühnen los, und neben Theater- und Tanzvorführungen gibt es auch recht fetzige Musik für einen 75. Geburtstag. Rings um den Sanam Luang herrscht das absolute Chaos. Der Verkehr auf den Fußwegen und Straßen kommt fast völlig zum Erliegen. Wir verlaufen uns in dem Chaos auch noch, finden dann aber doch noch den richtigen Weg.
Auf dem Weg durch die Khao San Road stellen wir wieder ein mal fest, wie lustig Menschen sein können, ohne es zu merken, essen etwas, warten den Regenschauer ab, gehen nach Hause und nehmen uns vor, ab morgen toleranter zu sein.
Bangkok
Hängemattenverkäufer
Aus den geplanten vier Tagen, die wir in Bangkok verbringen wollten, ist – nicht zuletzt, weil wir beschlossen haben, mit dem König Geburtstag zu feiern – über eine Woche geworden. Die drei Tage/vier Nächte mehr haben sich zwar gelohnt, trotzdem freuen wir uns auf morgen: unseren Abreisetag.
Ein kleiner Wehmutstropfen ist und bleibt die Tatsache, dass wir die Stadt dieses Mal nicht aus eigener Kraft verlassen werden, sondern mit mehreren PS unter uns und einem Chauffeur.
Den heutigen Tag haben wir genutzt, um noch einige Besorgungen zu machen und den Rest unserer Fotos zu Kuwe zu schicken, damit wir wieder Platz für viele Strand- und Partyfotos haben. Heute Abend werden wir noch versuchen, den Hängemattenverkäufer zu erwischen und ihn unter den Einkaufspreis herunterzuhandeln.