In diesem Artikel berichtet Amelie de Boer von ihrer Reise auf dem Hippie Trail nach Indien.
In den 1960er und 1970er Jahren machten sich die ersten Rucksacktouristen auf den Weg von Europa nach Asien. Ihre Reiseroute wird als „Hippie Trail“ bezeichnet.
Die Hauptroute führte von Europa über Istanbul, Teheran, Kabul, Peshawar und Lahore nach Goa, Dhaka, Bangkok oder Kathmandu. Es gab auch alternative Routen, z. B. über die Türkei, Syrien und Jordanien nach Irak sowie Iran und dann weiter ostwärts. Weitere Reisen nach Südindien, Sri Lanka und noch östlichere Ziele wurden ebenfalls unternommen.
Da es noch keine Reiseführer gab, tauschten die Reisenden Informationen meist mündlich aus. Es gab verschiedene bekannte Treffpunkte auf der Strecke, wo Erfahrungen und Tipps weitergereicht wurden. Durch Krisen in der Region war der Hippie Trail lange Zeit nicht bereisbar. Erst Anfang der 1990er Jahre wurde er von den ersten Backpackern wieder genutzt.
In diesem Artikel berichtet Amelie de Boer von ihrer Reise auf dem Hippie Trail nach Indien. Über ihre Erfahrungen hat sie ein Buch geschrieben:
- Boer, Amelie de (Author)
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Gastbeitrag von Amelie de Boer:
Auf dem Hippie Trail nach Indien
Ich weiß noch wie heute, als Till und ich 2007 ein Spezial auf Arte im Fernsehen sahen. „Auf dem Hippie Trail nach Ibiza, Marokko, Kabul, Goa, Kathmandu“ war eine 5-teilige Dokumentation über die Hippies und wie sie einfach in ihren bunten Flower Power Bullis in die Welt aufbrachen. Wäre 2007 1969 gewesen, wir hätten alles stehen und liegen gelassen und wären eingestiegen. Schade, dass man das heutzutage nicht mehr machen kann. Kann man das eigentlich wirklich nicht?
Vorurteilsbehaftet, wie man in der westlichen Welt so heranwächst, war ich felsenfest davon überzeugt, dass ich mit Sicherheit nicht durch diese Schurkenstaaten Iran und Pakistan fahren würde. Ich wäre ja nicht lebensmüde. Heute, 7 Jahre später, muss ich grinsen bei dem Gedanken, dass wir sogar 4 x im Iran und entsprechend auch 4 x in Pakistan waren. Aber damals konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass das ginge.
Die Neugierde packte aber sowohl Till als auch mich und so wurde Onkel Google gefragt, was er denn dazu meinte. Und siehe da, er wusste, dass es immer noch zahlreiche Leute gab, die das heutzutage machten!
Das ging?
Interessant.
Ein Jahr später kauften wir uns – eher zufällig und ohne an diese potenzielle Reise zu denken – einen Mercedes Benz LA 911B LKW, genannt „der Frosch“.
Mein Bulli segnete langsam das Zeitliche und warum nicht einfach mal auf ein etwas größeres Fun-Mobil umsteigen?
Ein paar Monate später kam eines zum anderen. Wir hatten einen sehr schönen Urlaub mit unserem Frosch im Baltikum hinter uns und träumten noch während der Rückfahrt davon, einfach frei zu sein. Weiter zu fahren, wo auch immer wir gerade hin wollten.
Zu Hause angekommen lag ein Brief von unserem Vermieter im Briefkasten. Kündigung wegen Abriss des Hauses! Ein größerer Wink mit dem Zaunpfahl ging nun wirklich nicht. Das Schicksal wollte es so. Wir wollten es so. Wir konnten noch 1 Jahr herauszögern, aber dann sollte der Bagger anrücken und unser Zuhause dem Erdboden gleich machen. 1 Jahr lang hatten wir Zeit, die Reise unseres Lebens zu planen: Auf dem Landweg nach Indien und Nepal.
Wir kündigten unsere Jobs in Werbeagentur und Spedition und brachen im Herbst 2009 auf. Das Dauergrinsen in den ersten Wochen werde ich nie vergessen!
Wir hatten es getan, wir waren frei.
Zwei Jahre dauerte unsere erste Reise. Eine Reise, die uns komplett veränderte.
Ein Kind bekommen in Indien
Nicht nur unsere Sichtweisen auf viele Dinge in dieser Welt, sondern sie verändert auch uns als Paar. Wir wurden Eltern!
Ich glaube, dass viele damals dachten und vielleicht auch heute noch denken, die Schwangerschaft ist einfach so ungeplant passiert. Ist sie aber nicht. Es war ein spontaner, aber gut überlegter Entschluss, der in die Tat umgesetzt wurde und tatsächlich auch funktionierte. Wir wollten ein Kind bekommen. Unterwegs. In Indien. Ich hatte eine wunderbare und unkomplizierte Schwangerschaft in Nepal. Eine Geburt fern ab von sterilen Krankenhäusern in einem Geburtshaus in Goa und zudem auch noch ein Wochenbett direkt am Strand unter Palmen!
Buchtipp: Abenteuer Hippie Trail
Unsere Visa liefen dann allerdings ab, unser Geld neigte sich auch dem Ende und so kamen wir Mitte 2011 zu dritt wieder nach Deutschland.
Während der gesamten Zeit schrieb ich über unsere Erlebnisse und verfasste kleine Geschichten, die uns passierten. Lustige, traurige, dramatische Geschichten aus fast zwei Jahren auf Reisen. Ich veröffentlichte sie in meinem Blog auf der Internetseite www.frosch-laster.de.
Eigentlich war der Blog dafür gestartet, Familie und Freunde auf dem Laufenden zu halten. Spätestens als aber ein Artikel von mir auf Spiegel.de erschien, hatte ich eine große Leserschaft, die mitreiste und meine Geschichten regelmäßig lesen wollte.
Aus diesem Blog ist 2012 dann das Buch „Abenteuer Hippie Trail“ entstanden, was innerhalb von 4 Monaten ausverkauft war und dann umgehend neu gedruckt wurde. Mit diesem Buch steigt der Leser ein in unseren Frosch, fährt mit uns durch Europa, die Türkei, den Iran und Pakistan bis nach Indien und Nepal.
Er ist Zeuge, als ich Todesängste ausstehe, weil ich im Iran dachte, man würde Till erschießen. Er erlebt hautnah mit, wie wir immer wieder ausgesucht werden, Tiere zu retten. Es schnallt sich an, wenn wir mit Vollgas durch Pakistan fahren und schmunzelt mit uns über die iranische Höflichkeit. Und manch einer lässt sich durch die Tipps und Tricks und aufgelisteten Stellplätze vielleicht auch anstiften, selber auf dem Landweg nach Indien und Nepal zu fahren.
Mit dem Reisebus auf dem Hippie Trail
Es war damals schwer, wieder in Deutschland anzukommen, weil wir immer noch vom Reisevirus befallen waren. Inzwischen war ich wieder schwanger und träumte mich zurück nach Goa. Wieder wollte es das Schicksal so und wir bekamen das Angebot, eine Motorradtour nach Goa zu begleiten – unser Frosch wurde verkauft, ein 70er Jahre Reisebus gekauft, der nun als Backup Fahrzeug für diese Motorradtour diente.
Inzwischen waren wir „alte Hasen“ auf dem Hippie Trail und fühlten uns in jedem Land zu Hause. Goa bescherte uns wieder einen fantastischen Winter fernab von Eis und Schnee – mit zwei kleinen Kindern war es einfach traumhaft! Wir überlegten sogar, ein Business in Goa aufzumachen, um immer in unserem Paradies leben zu können, aber irgendwie änderte sich genau dieses Paradies zu dem Zeitpunkt gerade. Es wurde viel gebaut, Goa war voll von Touristen und scheinbar war alles gerade im Umschwung. Wir ließen es bleiben, kamen zurück nach Deutschland und machten andere Pläne.
Warum nicht mal Süd-Europa?
Hippie Trail nach Portugal
Den letzten Winter verbrachten wir also in Portugal.
Abschied vom Langzeit-Reisen
Es war eine wunderschöne Zeit, aber im Nachhinein auch eine Art Abschied vom Langzeit-Reisen.
Wir haben nie bereut, fast 5 Jahre unterwegs gewesen zu sein.
Wir haben intensiv als Familie auf engstem Raum zusammengelebt, wir sind mit unseren Kindern durch die Welt gereist und haben unendlich viele „Geschichten aus unserem Leben“ in petto.
Aber jetzt ist es Zeit, eine Basis zu schaffen. Es ist Zeit für ein neues Kapitel. Die Kinder sollen Freundschaften schließen können, die von Dauer sind und nicht mit dem nächsten Abschied wieder vorbei sind.
Es ist an der Zeit anzukommen.
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Wenn du noch mehr über Amelie und das Abenteuer Hippie Trail erfahren möchtest, besuche ihren Blog oder folge ihr auf Facebook!
Und du?
Bist du auch auf dem Hippie Trail unterwegs gewesen?
Würdest du gerne, weiß aber nicht wie, oder traust dich nicht?
Kennst du das Buch von Amelie? Wie hat es dir gefallen?
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Mir geht es ganz ähnlich: Muss aus meiner geliebten Wohnung, habe gekündigt und noch ein jahr zeit fuer Vorbereitungen. Dann gehts los mit dem Fahrrad nach Indien bzw. nepal.
Wow… Ne weitere Inspiration. Danke
Ich will auch
Super buch ist toll geschrieben
Sehr cool. So ein Reisebus würde mir auch gefallen. Da tritt man sich nicht so schnell auf die Füße.
Und ein Baby in Indien entbinden. Faszinierend.
Und irgendwann wird man normal… ;-)
Ich wünsche euch alles Gute fürs sesshafte Leben. Following frosch-laster.de. Vollzeitschlaf könnte ich auch gebrauchen.
Liebe Grüße
Romy
Uh das klingt spannend :)