Rückschläge und negative Erfahrungen gehören zum Abenteuer Weltreise dazu. Lies in diesem Artikel, wie Weltreisende damit umgehen.
Ein Gastartikel von Benjamin Kärmer
Elli & Ben, eine Griechin und ein Deutscher haben all ihren Besitz verkauft, um „on the road“ zu leben.
Sie reisen um die Welt mit Motorrad, Rucksack, Fahrrad, Auto, Pferd und Kanu und möchten diese verschiedenen Reisearten im Laufe ihrer Reise ausprobieren und vergleichen.
Über ihre Abenteuer berichten sie auf ihrem Reiseblog Horizonride auf und auf Facebook.
Verhaftung und Verhör im Iran, von Usbekischen Schmugglern festgesetzt und bedroht, in Kirgisistan nur knapp dem Kidnapping entgangen und in der Mongolei mit einem Motorschaden gestrandet – wenn all das für dich nach der Horrorvorstellung einer Weltreise klingt dann hast du Recht.
Doch es gibt auch Entwarnung: Wir haben all das erlebt und sind immer noch begeisterte Weltreisende.
Warum? Das erfährst du hier.
Weltreise Erfahrungen: Wie mit brenzligen Situationen und Gefahren umgehen?
Weltreise Erfahrungen: Wie mit brenzligen Situationen und Gefahren umgehen?
Vor unserem Aufbruch in die weite Welt, dazu auch noch mit dem Reisemotorrad, haben uns so ziemlich alle Menschen, die wir kennen, davor gewarnt: Der Iran ist allgemeingefährlich und voller Terroristen. In der Türkei explodieren ständig Bomben, in Tadschikistan werden Touristen von Taliban entführt, in Russland laufen nur aggressive Betrunkene herum und Zentralasien ist sowieso ein Hort für Kriminelle, Menschenhändler und Zwangsprostitution. Vorsicht wurde uns auch beim Besuch Vietnams angeraten, denn dort würde man unsere Organe verkaufen.
Natürlich ist das alles Quatsch, meist von Menschen, die noch nie in diese Länder gereist sind. Doch das heißt nicht, dass alles nur heiter Sonnenschein ist.
Viele Blogs zeigen euch bewusst nur die Sonnenseiten des Reisens, mit schönen Küstenlandschaften, romantischen Sonnenuntergängen und abenteuerlichen Wildcampingspots. Dazu dann noch das Hashtag #Fernweh und die Follower können glücklich und mit großen Träumen schlafen gehen.
Doch eine Weltreise ist unserer Erfahrung nach vielmehr als das.
Es ist ein intensives Leben, häufig am Limit, manchmal darüber hinaus, das sich zu jederzeit lohnt.
Es ist ein Ausbrechen aus gewohnten Strukturen, neues Futter für das Hirn, das beinahe jeden Tag mit neuen Aufgaben konfrontiert wird.
Der Preis ist ein emotionales und körperliches Auf und Ab, mit dem man entweder lernt umzugehen und es positiv zu nutzen, oder woran man letztendlich scheitern muss.
Weltreise Erfahrungen: Iran
Als wir im Iran das falsche #Fernweh-Tal fotografieren, werden wir kurzerhand festgenommen und über zwei Stunden in einer Polizeistation von Militär und Geheimdienst verhört, bis sie am Ende doch der Meinung sind wir seien keine Spione des Westens.
Ein Schock, der uns durch Mark und Bein gegangen ist, aber zu keiner Zeit ein Grund nachhause zu fahren. Wir haben uns gegenseitig gesagt, dass wir eine Nacht darüber schlafen und dann schauen, was das mit uns macht.
Unser Fazit:
Auch in Deutschland sind uns schon Dinge passiert, die uns schockiert haben, trotzdem haben wir nicht gesagt, dass wir nicht mehr in Deutschland leben können.
Ich habe sogar bei einem Überfall mal einen Zahn verloren, das ist deutlich mehr Verlust auf unserer bisherigen Weltreise! Stattdessen verbuchen wir es als „es ist am Ende ja nichts Schlimmes passiert“ und „wir lernen daraus und geben in Zukunft mehr acht bei Fotos im Iran“.
Weltreise Erfahrungen: Usbekistan
In Usbekistan campen wir in der Nähe eines ziemlich heruntergekommenen Cafés, nachdem wir spät abends Rücksprache mit den Besitzern gehalten haben. Diese sind sehr freundlich und schenken uns sogar eine Wassermelone.
Elli jedoch hat ein komisches Gefühl. Da sie es aber nicht begründen kann und meint es könne an ihrer Müdigkeit liegen, geben wir der körperlichen Erschöpfung nach und Campen vor ihrem Café, das sich mitten im Nichts der usbekischen Steppe an einer Landstraße befindet.
Nachts hören wir mindestens ein Dutzend Männer um unser Zelt herumschleichen. Als wir mit Taschenlampe und Pfefferspray nach draußen gehen sehen wir knapp 20 gehetzt aussehende Männer Fässer und Kisten vom Keller des Cafés zu einigen Lastwagen schleppen.
Andere Männer bewachen das Ganze in weiterer Entfernung und der Besitzer des Ladens steht direkt vor dem Zelteingang, leuchtet uns mit der Taschenlampe ins Gesicht und sagt drohend, dass wir zurück ins Zelt gehen und erst morgens wieder herauskommen sollten. Das tun wir auch und fliehen beim ersten Sonnenlicht, als der Spuk vorbei ist.
Lektion nachdem wir uns wieder beruhigt haben?
Höre auf dein Bauchgefühl. Wenn du ein komisches Gefühl hast, mach die Biege, egal ob es dir unlogisch vorkommt oder nicht.
Außerdem haben wir das Commitment getroffen, dass wenn einer von uns ein schlechtes Gefühl hat, der andere sofort zustimmt und wir das Weite suchen. Intuition/Instinkt sollten immer Vorrang haben!
Weltreise Erfahrungen: Kirgisistan
In Kirgisistan bleiben wir dank Lebensmittelvergiftung im ersten Guest House hängen, das wir finden. Nachts versuchen dann betrunkene Partygäste (scheinbar hatte die Hausherrin Geburtstag) in unser Zimmer einzudringen und zerstören dabei fast die Zugangstür.
Als wir morgens abreisen wollen, werden wir aufgehalten, da versucht wird mehr Geld aus uns herauszupressen als vereinbart. Als Druckmittel zitiert die Besitzerin betrunkene und äußerst aggressive Männer herbei, die uns physisch davon abhalten, aus dem Hof zu entkommen, der zu allem Überfluss noch in Form eines riesigen Stahltores abgesperrt wird.
Elli schafft es zum Glück das Tor heimlich zu öffnen, als sich die anderen gerade mit mir streiten und rangeln und ich rase mit dem Motorrad auf die Straße.
Dort eskaliert die Lage jedoch und sie hindern Elli am Aufsteigen. Als ein Auto vorbeikommt und anhält, schreien wir „Polizei“ und endlich lässt man uns gehen. Glück gehabt.
Dass Kirgisistan nicht mehr unser Lieblingsreiseziel wird ist nach diesem Schock wohl sicher. Auch, dass in unserem Kopf Kirgisistan nicht das Hashtag „#Fernweh“ bekommt dürfte klar sein.
Trotzdem haben wir etwas daraus gelernt: Wir haben seither das Motorrad immer so geparkt, dass wir nur aufspringen und schon in Richtung Ausgang starten können, falls es einen Notfall gibt. Das schafft im Zweifel Sicherheit. Und von über 100 Übernachtungen in Gästehäusern ist nur ein einziges Mal etwas passiert. Also Vorsicht walten lassen, aber nicht panisch oder ängstlich werden.
Das Gute an der Sache war für uns, dass wir wieder eine wichtige Erfahrung gemacht haben und unsere Vorkehrungen noch weiter verbessern konnten. Seither ist nichts mehr dergleichen vorgefallen und wir deutlich sensibler und wählerischer geworden in Bezug auf den richtigen Übernachtungsort.
Weltreise Erfahrungen: Mongolei
Später in der Mongolei geht dann noch unser Motorrad kaputt – und zwar so, dass wir es nicht mehr reparieren können, zumindest nicht vor Ort. Also haben wir es zurück nach Deutschland geschickt. Ziemlich blöd für eine Motorrad Weltreise, was?
Doch zu dem Zeitpunkt hatten wir schon längst akzeptiert, dass zeitweise Rückschläge und Hürden zum Weltreisealltag gehören wie Diätenerhöhungen zu Politikern. Also haben wir uns hingesetzt und ein paar Tage verstreichen lassen.
Da stoßen wir plötzlich auf den Bericht einer kanadischen Familie, die gerade Kanada von der West- bis zur Ostküste mit dem Kanu durchquert hat und wir wie zwei Kinder vor den Süßigkeiten an der Kasse: „Das wollen wir auch!“
Außerdem sind wir sicher, dass in Südostasien, wo die Einfuhr eines Motorrads eine echte Qual sein kann und darüber hinaus eine teure Angelegenheit ist, das Klima viel zu feucht-warm für unsere Motorradkombis ist.
Abgesehen davon hatten wir schon lange Lust dazu, eine Etappe mit dem Fahrrad zu machen und entschließen uns kurzerhand, Australien und Neuseeland mit dem Fahrrad zu bereisen. Südamerika wieder mit dem Motorrad und danach vielleicht mal ein Camper.
Jetzt sind wir sehr glücklich damit, in Zukunft viele verschiedene Reisemöglichkeiten auszuprobieren und für euch zu vergleichen. So haben wir die Not zur Tugend gemacht und freuen uns wie schon lange nicht mehr auf unsere weiteren Abenteuer – und da passt dann plötzlich auch das Hashtag #Fernweh!
Fazit
Rückschläge und negative Erfahrungen gehören zum Abenteuer Weltreise dazu. Bereite dich nicht darauf vor und mach dir keine Sorgen – es passiert eh immer dann, wenn du am wenigsten damit rechnest und die Lösung wird sich zeigen, wenn es so weit ist.
Im Nachhinein ist alles immer halb so wild wie in der Situation befürchtet und es offenbart sich immer auch eine positive Chance in der Aufarbeitung des Erlebten.
Wichtig ist es dafür allerdings, eine Nacht drüber zu schlafen und es als Teil eines intensiven Lebens zu akzeptieren, denn so ist eine Weltreise nun mal: intensiv im Guten wie im Schlechten – das ist nun einmal der Unterschied zwischen dem Land der Hashtags und „ich würde gerne mal“ und der echten Welt da draußen, in die wir ausziehen, um sie mit all ihren Facetten für uns zu erobern.
Und du?
Welche negativen Erfahrungen hast du auf Reisen bereits gemacht und was hast du daraus gelernt? Schreibe einen Kommentar!
Du bist ebenfalls Langzeitreisender und möchtest über deine Erlebnisse und Erfahrungen berichten?
dass wahr ein ganz TOLLER Bericht :-)
Braucht man alles nicht !! Wir, 50+, lieben das Reisen und sind seit über 10 Jahren mit Camper, Wohnwagen, Geländewagen und Segelboot permanent unterwegs. Wir halten uns aber fern solchen Gebieten…sicher verpasst man was…und auch überall in Europa kann es zu brenzlichen Situationen führen. Stimmt ! Aber die Wahrscheinlichkeit erhöht sich ja wohl doch. Für uns steht der Genuss an erster Stelle und nicht das Abenteuer der Tour. Jedem das seine !
Den Kick suchen wir wirklich nicht und unsere Reisen sollen möglichst im Komfortsektor stattfinden. Allerdings wird es manchmal dennoch ungemütlich abenteuerlich !
Jürgen & Ellen
Hallo, das mit Iran und Usbekistan scheinen nur Mißverständnisse gewesen zu sein, das war nichts gefährliches. Negativ waren Kirgistan und Mongolei.
Ich war selber kürzlich in Georgien, auch im Kaukasus, es lief alles bestens, alle freundlich, keine Probleme. Es war einfacher als in Deutschland! War ein toller Trip.
Ich bin ein unabhängiger Reisender, reise sehr gerne. In Übersee kommt man am besten mit öffentlichen Verkehrsmitteln, z. B. Bus, von A nach B. So ist man unabhängig. Man kann sich aber vor Ort ein Fahrzeug mieten oder auf Veranstalter zurückgreifen, wenn es an einem Ort viel zu sehen gibt.
Das ist ja mal ein interessanter Artikel! Unglaublich was einem alles so passieren kann. Wir haben auch ein paar unschöne Situationen erfahren müssen, das sind allerdings nur Kleinigkeiten im Gegensatz zu den im Artikel beschriebenen ;)
Müssen wir auch nicht zwei mal erleben. Aber am Ende wird ja meist alles gut :-)
Immer wider toll
schöner Artikel
Dankeschön ;-)!