Pays de Vins – Weinland. Wächst hier überall. Und mittendrin, umringt von Weinbergen – St. Emilion. An einem Nachmittag zu Fuß zu erkunden. Asiaten mit Kameras streunern umher und im Hof an der Stadtmauer spielen zwei Männer in Gummistiefeln Boule.
Begles
Erst seit wenigen Kilometern befinden wir uns auf der A63, der Autobahn, die den Großraum Bordeaux umrundet.
Plötzlich – ein merkwürdiges Geräusch und ein Rumpeln.
Hinten rechts ist der Reifen geplatzt.
Mit Warnblinklicht, blöderweise direkt in einer Kurve am Hang, auf dem Seitenstreifen, halten wir an, schlüpfen in unsere reflektierenden Westen und stellen zuerst das Warndreieck auf.
Der Verkehr rast vorbei. Es wird dicht aufgefahren und manchmal auch mit qualmenden Reifen gebremst. Das Warndreieck und die Westen ändern daran gar nichts.
Erst mal den Automobilclub anrufen – von denen erfahren wir allerdings, dass die uns auf der Autobahn nicht helfen dürfen und wir zur Notrufsäule laufen müssen, um dort „Panne“ reinzusprechen.
Die Verständigung dort ist, auch wegen des ohrenbetäubenden Krachs, schwierig und nur „Panne“ scheint den Menschen am anderen Ende der Leitung nicht zufrieden zu stellen.
Es vergeht eine lange Weile, bis die Straßenwacht auftaucht und noch eine Weile, bis die die Fahrbahn gesperrt haben.
Wir stehen auf einer Brücke, es ist eng. Neben uns kommt es schon zum Stau. Die Verständigung mit den Jungs ist schwierig, sie reden nicht viel, beratschlagen untereinander und wir wissen nicht recht, was geschieht. Eigentlich, so dachten wir, wollen wir doch den Reifen wechseln und schnell hier weg. Aber wir dürfen nicht. Stattdessen kommt irgendwann, wir wären jetzt wahrscheinlich schon fertig, ein Mechaniker.
Hastig und brachial macht der sich über unser Auto her, während Lucy, unsere Hündin, es sich vorne im Fahrerhaus gemütlich macht und erst mal eine große Packung Karamellwaffeln verdrückt.
Als der Reifen gewechselt ist, verlassen wir im Schlepptau des Mechanikers die Autobahn. In 500 Meter Entfernung ist bereits die Abfahrt. So ein Pech aber auch. Doch es kommt noch besser.
Nach einem Telefonat mit dem Chef bekommen wir die Rechnung präsentiert und trauen den Augen kaum.
500 Euro.
Für einen Radwechsel.
Der normalerweise nichts kostet, weil man das selbst macht.
Glück hätten wir, meint der Automobilclub, denn die Rechnung hätte genauso gut 1.500 Euro hoch sein können. Ein schwacher Trost.
Nun wollen wir ohne Ersatzrad nicht weiter. Da es in den letzten Jahren nie zu einer Reifenpanne kam, liegt das zweite Ersatzrad warm und trocken zu Hause. Witzig was?
Also, erst mal zum Reifenhändler.
Konsumtempel
Bei nassem Regenwetter sitzen wir in Begles bei Bordeaux fest.
Bei Mc Donald um die Ecke gibt es immerhin WIFI.
Ab mittags ist dort der Teufel los. Mütter mit ihren 6-12 jährigen Kindern stürmen in Scharen herbei und in der MC Drive Schlange stapeln sich die Autos. Menschen schleppen haufenweise Tüten aus den zahlreichen Klamottengeschäften des Einkaufscentrums. Oder sie schieben voll beladene Einkaufswagen vor sich her.
Jeder Platz in den Cafes und kleinen Restaurants ist belegt – und das jeden Tag. Auch mitten in der Woche.
Ab nachmittags, wenn die Mütter mit ihren Kindern wieder weg sind und das Chaos beseitigt wird, kommen die Jugendlichen zum Shoppen und noch etwas später füllt sich vor allem der Supermarkt. Rund um den Einkaufspalast gibt es noch zahlreiche andere Fast-Food-Restaurants, außerdem große Baumärkte und riesige Elektro-, Elektronik-, Klamottengeschäfte und noch einige andere. Ein riesiges Shopping- und Konsumgelände ist das hier, das jeden Tag aufs Neue komplett zugeparkt wird.
Wir parken etwas abseits in einer Sackgasse.
Eigentlich ganz nett, wenn nicht überall und richtig viel Müll rumläge.
Direkt an der Garonne, einem hier sehr breiten, gemächlichen, braunen Fluss gibt es auch eine kleine Parkanlage. Am Ufer stehen kleine Fischerhütten auf Stelzen, jede mit einem Netz davor und am Anleger ein Stück flussabwärts liegen Yachten und Hausboote. Folgt man dem Fluss in die andere Richtung, geht man durch eine fast wilde, waldige und feuchte Gegend zu einem See. Auch hier alles voller Müll und voller Schrotpatronen und der Hund erfreut sich so sehr an den vielen Scheißehaufen, dass wir es vorziehen nicht mehr in diese Richtung zu laufen.
St. Emilion
Aquitanien gehörte rund 300 Jahre lang zu England. Im 12. Jahrhundert fiel ein großes Gebiet an der französischen Atlantikküste durch die Heirat von Alienor von Aquitanien mit den Grafen von Anjou, der auch König von England war, an England.
1453 verloren die Engländer die letzte Schlacht im Hunderjährigen Krieg mit den Franzosen. Geblieben ist die Liebe der Engländer zum Bordeaux Wein. Die teilen sie mit dem Rest der Welt: „Bordeaux“ steht international für einen der besten Weine überhaupt. Dank der großen Anbaugebiete, die rings um die Stadt liegen, ist Bordeaux die Welthauptstadt des Weins.
Das alles kann ganz gut an einem vorbeigehen, wenn man 10 Tage in einem Vorort von Bordeaux auf Reifen aus Deutschland wartet – wären da nicht Sylvie und Werner gewesen.
Sylvie und Werner kennen sich gut aus mit Wein.
Bis vor kurzem hatten sie sogar ein eigenes Weingut in der Nähe von Bergerac. Sie haben sich ein Wochenende Zeit genommen, damit wir etwas mehr vom Wein und der schönen Gegend erfahren, wo er angebaut wird.
Auf dem Weg nach St. Foy La Grande, wo wir uns treffen wollen (von Bordeaux aus ca. 35 km immer entlang der Dordogne nach Osten), liegt der kleine, mittelalterliche Ort St. Emilion in einer eher flachen Gegend, eingefasst von Weinbergen, auf einem Felsplateau. In früheren Zeiten war der Ort mal stark befestigt mit Mauer und Burg und so drängen sich die kleinen Häuser eng verschachtelt auf dem Hügel.
Sylvie und Werner
Von St. Foy La Grande aus geht´s weiter nach St. Julien d´Eymet zu einem Weingut mit deren Besitzern (den Winzern) die zwei befreundet sind.
Die Landschaft ist lieblich hügelig. Es ist herbstlich und feucht, die Farben der Wiesen, der Äcker und der Bäume sind kräftig, saftig und erdig. Die Häuser der kleinen Orte sind aus Naturstein erbaut, die Straßen sind schmal und am Himmel ziehen Wolken. Kalt ist es nicht.
Und falls mal jemand nicht weiß, woher er leckeren Wein bekommt, hier die Adresse des Winzers Nicolas Bourdil:
Chateau Les Fontenelles
Vins de Bergerac
Nicolas Bourdil
Les Fontenelles
24500 St Julien d´Eymet
Zu erwähnen wäre vielleicht noch, dass Sylvie und Werner auch in einem LKW wohnen und da trifft es sich ganz gut, dass wir hier nun zusammen stehen können.
Eymet
Die beiden fahren uns herum.
Zu ihrem ehemaligen Weingut in Thenac und nach Eymet und nach Bergerac. Und sie zeigen uns den Weinkeller des Winzers, deren Gäste wir sind.
Ein Weinberg muss nicht unbedingt ein Berg sein und ein Weinkeller kein Keller. Dies und noch eine ganze Menge mehr wissen wir jetzt vom Wein.
Der Weinkelle ist in diesem Fall ein großer Raum in einem Nebengebäude des Weingutes mit Edelstahltanks. Dort hinein kommt der Wein nach der Ernte. Wir probieren und erfahren wie es so ist, Winzer zu sein und, in ganz groben Zügen, wie man Wein macht.
Bergerac
Bergerac liegt an der Dordogne. Eine kleine, alte Stadt, die vielen vielleicht bekannt ist wegen Cyrano de Bergerac. Oder auch wegen Gérard Depardieu, der ihn im Film gespielt hat.
Warum durftet Ihr den Reifenwechsel nicht selber machen?Das ist ja unverschämt teuer
Das haben die Jungs von der französischen Straßenwacht gesagt… nächstes Mal würden wir es aber wahrscheinlich selbst machen… wir standen da aber auch sehr doof. Viel zu nah am Brückengeländer. Wir wären an den Reifen nicht vernünftig rangekommen und die Straßenwacht hat erst mal die rechte Fahrspur gesperrt. Außerdem standen wir am Hang…
Hallo Michael!
Danke für dein Feedback. Nö, ich habe mir nichts dabei gedacht. War reine Spielerei die Fotos mal im Kreis darzustellen. Aber du hast total recht. Sieht irgendwie doof aus. Ändere ich.
:)
Hi Steffi und Anhang.
Vielen Dank für einen schönen Bericht. Sicherlich habt ihr euch etwas dabei gedacht, Fotos als Kreis darzustellen. Uns persönlich gefällt es nicht so, da man anfangs nicht viel auf dem Foto sehen kann und es erst bei voller Größe toll aussieht. Aber wir lesen hier immer wieder gerne mit. Wir finden einen solches Nomadenleben einfach toll. Aber ich muss noch 4 Jahren malochen, bevor es mit uns losgeht.
Gruß Michael